DiethildArt
   


Die Farbe macht den Klang.

Doppelausstellung mit Marianne Emmenegger im Rathaus Umkirch 2018.


Einführung aus der Rede zu den Arbeiten von  Diethild Herbolzheimer-Böttner: Dr. Antje Lechleiter©, Freiburg.


Diethild Herbolzheimer-Böttner ist in ihrer Acryl- und Eitemperamalerei fasziniert vom Spiel mit der harmonischen Begegnung, Überlagerung und dem Ineinandergreifen von Formen und Farben. Seit 2016 verwendet sie Eitemperafarben, die sie selbst aus Eiern, Leinöl und Pigmenten herstellt. Inzwischen hat sie eine spezielle Wisch- und Kratztechnik entwickelt, welche die letzte Farbschicht transparent macht und damit die darunter liegenden Farbzonen wieder an die Oberfläche holt. Überdies ergeben sich damit innerhalb der Formenschübe auflockernde Strukturen, die der Hermetik geschlossener Farbfelder entgegenwirken. Der Einsatz dieser Technik, der sich punktuell auch in der Acrylmalerei findet, lässt den Betrachter unmittelbar am Malprozess teilhaben und konfrontiert ihn mit den eingesetzten, gestalterischen Mitteln. Mich fasziniert an den Bildern der Künstlerin, dass wir es mit zwei, eigentlich gegenläufigen Aspekten zu tun haben. Zum einen entsteht ein Farbraum, also der Eindruck räumlicher Tiefe  durch die erwähnte Überlagerung von transparenten Farbflächen sowie durch die Wirkung der einzelnen Farben, etwa durch das Zurücktreten von dunklem Blau und das Hervortreten von leuchtendem Rot. Zum anderen betont die Künstlerin aber auch die Bildfläche, also die unausweichliche Zweidimensionalität der Leinwand. Dies geschieht durch die klar begrenzten, aber unregelmäßig miteinander verzahnten Bausteine, die über den Bildrand hinausdrängen oder von außen her in die Fläche eindringen.
Die Künstlerin fängt mit einer Farbe an und entwickelt eine Fläche nach der anderen, dabei übermalt sie auch Teile des Bildes wieder. So entwickeln sich der Farbklang und das Formenrepertoire gleichzeitig und intuitiv während des Malprozesses und nicht etwa aus einem konstruktiven Konzept heraus. Das geht soweit, dass die Künstlerin mitunter mit einem Blau beginnt und am Ende zu einem dominierenden Rot-Gelb-Klang gelangt. Der Zufall wird zugelassen, nie wird er aber zum dominierenden Gestaltungsmoment. Das zeigen auch die unregelmäßigen Formstücke, die besonders im Mittelpunkt der Komposition sorgsam ineinander verschränkt sind und dem Bild Stabilität verleihen. Zum Rand hin verschiebt sich die Gewichtung der weich geschwungenen Formen behutsam, sodass aber auch hier ein Gleichgewicht im Asymmetrischen erzielt wird.
Es ist beeindruckend, dass es Diethild Herbolzheimer-Böttner gelingt, ein Formenvokabular zum Einsatz zu bringen, dem nie gegenständliche Assoziationen eingeschrieben sind. Das ist nämlich gar nicht leicht! Was man hingegen assoziieren könnte ist der Eindruck von Bewegungsabläufen. Damit meine ich aber nicht bestimmte Körperbewegungen, sondern eher der Eindruck von Bewegung an sich. Nun weiß ich, dass die Künstlerin ist eine leidenschaftliche Turniertänzerin ist und damit über eine enge Verbindung zu Musik und Rhythmus verfügt. Äquivalente zur Tonalität von Musik mögen sich auch in den Farbklängen ihrer Malerei erkennen lassen und dabei finden wir sowohl Mollklänge als auch ein leuchtendes Dur. Die Grundfarben Rot und Blau kehren häufig wieder, was manchmal an die sakrale Harmonie mittelalterlicher Glasfenster denken lässt. Überdies finden sich sehr ungewöhnliche Farbzusammenstellungen, wie etwa im Bild der Einladungskarte, wo ein zartes Rosa auf ein leuchtendes Orange trifft. Dabei entsteht aber keine Disharmonie, denn die Farbqualitäten befinden sich mit den Farbquantitäten im Gleichgewicht. Das heißt, dass die Größe eines Feldes immer auf die Leuchtkraft und Intensität seiner Farbe, sowie auf jene der Nachbarfelder abgestimmt ist. So ergibt sich eine Bildordnung aus freien, asymmetrischen und ineinander verzahnten Farbformen, die an jeder Stelle des Bildes ganz unmittelbar aufeinander bezogen sind.
Während sich Diethild Herbolzheimer-Böttner früher auf 2-3 große Farbflächen beschränkte, gelangte sie inzwischen zu einem kleinteiligeren Formenrepertoire, das sie zu immer neuen Konstellationen variiert. In Verbindung mit der Mischung und Überlagerung verschiedenster Farbtöne, erleben wir heute in ihren Kompositionen den unerschöpflichen Reichtum von Form und Farbe.